Langer Atem
Die Mentorate Ursprings waren vom 24.-28. Mai auf großer Fahrt. Nachfolgend berichtet der Mentor des Gärtnerhauses aus seiner Perspektive von der erlebnisreichen Fahrt nach Köln.
Samstag, 27. Mai 2017
Liebes Tagebuch,
heute rief das Ruhrgebiet … und wir machten uns auf den Weg nach Ibbenbüren, das letzte noch in Betrieb befindliche Steinkohlebergwerk Deutschlands zu besichtigen, das zugleich den tiefsten Schacht weltweit vorzuweisen hat.
Entgegen aller Erwartungen bzw. Befürchtungen an staugeplagte nordrheinwestfälische Autobahnen kamen wir gut durch und hatten sogar noch Zeit für einen Imbiss, bevor wir die Besichtigung des Bergwerks starteten. Am Werkstor empfing uns Herr Gödecke, ein Pensionär und langjähriger Angestellter der RAG Anthrazit Ibbenbüren.
Wir erkundeten unter seiner sachkundigen Führung zuerst die noch in Betrieb befindlichen Förderanlagen, darunter den automatisierten Steuerstand der Förderanlage, sowie die fast schon historische Dampffördermaschine von Schacht 1. Schon beeindruckend, was Ingenieure in computerlosen Zeiten zu konstruieren imstande waren. Im Anschluss sahen wir uns im zugehörigen Bergbaumuseum um und durften an der ein oder anderen Maschine selbst Hand anlegen. 🙂
Nach diesem interessanten Einblick in eine – zumindest in Deutschland – sterbende Industrie (der Betrieb in Ibbenbüren wird Ende 2018 eingestellt) ging es zurück Richtung Köln. Wir hielten sodann in Wuppertal, um „einmal im Leben durch Wuppertal [zu] schweben“. (Der originale Werbeslogan der Stadt.) Die Fahrt mit der Schwebebahn war für mich Routine (da Verwandtschaft vor Ort), für die Jungs hingegen eine Entdeckung.
Meine Frage, wie es gefallen hat, wurde wie folgt beschieden: „Ganz nett, aber die Stadt selbst ist recht hässlich.“ Da kann man nicht groß was erwidern; die schönen Ecken Wuppertals liegen nun einmal nicht an der Wupper.
Sicher wieder im Startbahnhof eingeschwebt, machten wir uns auf den Weg zurück zur Jugendherberge, wo wir ein schnelles Abendessen einnahmen, um hernach zur Nachtwächterführung aufzubrechen.
Am Heinzelmännchenbrunnen trafen wir auf den Nachtwächter, der trotz sehr warmen Wetters stilecht gewandet samt Mantel und Laterne auf uns wartete. Im Laufe der Tour durch die Gassen und Straßen Kölns erfuhren wir viel über die Vergangenheit der Stadt, angefangen bei der römischen Siedlung, aus der sich die Stadt im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Unser Mittelalter-Kenner war dabei ganz in seinem Element und nutzte jede Minute, in der der Nachtwächter nicht Erklärungen für die ganze Gruppe gab, diesen in ein Fachgespräch zu verwickeln. Nun ja, immerhin hat uns das am Ende ein anerkennendes Lob eingebracht: er habe selten eine so interessierte und wissbegierige Schülergruppe dabeigehabt.
Zum Ausklang begaben wir uns in ein echt-kölnisches Brauhaus, wo wir (mit Ausnahme meiner Wenigkeit) zur Verkostung des berühmt-berüchtigten Kölsch, eines eher wässrigen Bieres, schritten. Auf die Frage, ob es denn Kölsch in gescheiten Einheiten – also in einer ordentlichen Größe – gebe, bekamen wir als Antwort zu hören, dass es Kölsch sehr wohl in einer gescheiten Ausschankeinheit gebe … wie wir feststellen mussten, versteht der Kölner darunter ein Gläschen mit dem Volumen 0,2 Liter. Für süddeutsche Verhältnisse (0,5 Liter) gewöhnte Menschen wie uns war das schlichtweg ein Witz.
So mussten mehrere Einheiten Kölsch konsumiert werden, um den während der Nachtwächterführung entstandenen Durst zu stillen. Versorgt mit einem mitternächtlichen Imbiss von der Dönerbude begaben wir uns sodann in den frühen Morgenstunden des Sonntags zurück in die Jugendherberge.
Die in ein paar Stunden anstehende Rückfahrt nach Urspring werden wir trotz kurzer Nacht schon schaffen.
(Fortsetzung folgt …)