… wer gäbe ihnen dann Asyl oder eine Unterkunft? Diese Fragen stellten sich Grundschüler der Urspringschule in einem kleinen Theaterstück, das sie als Anspiel zur Weihnachtsgeschichte nach dem Lukasevangelium am 3. Adventssonntag in der Urspringer Klosterkirche vortrugen. Ihr Stück kam gar nicht so weihnachtlich daher. Nicht Maria und Josef sind darin die Hauptpersonen, sondern Bürger, Hotel- und Pensionsbesitzer stehen im Mittelpunkt. Die sind oberflächlich, achten nur auf Äußerliches, niemand will für die Flüchtenden verantwortlich sein, will sich Probleme schaffen. Am Ende gibt es für Maria und Josef einen Wohncontainer, kalt und abstoßend.
„Müssen wir denn immer über Probleme sprechen, auch an Weihnacht?“, wurde gefragt. Festgestellt wurde, auch die Weihnachtsgeschichte ist eine Flüchtlingsgeschichte, Jesus ein jüdisches Flüchtlingskind, dessen Leben schon gleich nach seiner Geburt akut bedroht ist, und die Eltern flüchten mit ihm über die Grenze nach Ägypten.
Gepredigt wurde in diesem Gottesdienst nicht wie gewohnt vom Urspringer Schulpfarrer Siegfried Fischer. Der hatte infolge einer Erkrankung die Leitung, an das der evangelischen Kirche eigene Priestertum aller Gläubigen („Priestertum aller Getauften“) erinnernd, an Religionslehrerin Andrea Wetzler abgegeben, die gemeinsam mit Schülern und Lehrern der Urspringschule den traditionellen Adventsgottesdienst in der Urspringer Klosterkirche gestaltete.
Begonnen hatte die Veranstaltung nach Glockengeläut und Musik von der Empore mit der Begrüßung durch die Konfirmanden, denen Schulleiter und Vorstand Dr. Rainer Wetzler sodann die Konfirmationsbibeln überreichte. In seiner Ansprache ging Wetzler kurz auf die Ereignisse des zu Ende gehenden Jahres ein, die „weltpolitisch in Erinnerung bleiben werden“. In diesem Zusammenhang nannte er neben dem Brexit, dem Ukraine-Konflikt und dem Bürgerkrieg in Syrien auch die „unwürdige Suche“ nach einem deutschen Bundespräsidenten sowie Verlauf und Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA. „Die Liste der Unrühmlichkeiten“ ist wahrlich lang, befand Wetzler, um abschließend in Erinnerung zu rufen, dass immerhin, für alle überraschend, Bob Dylan den Literaturnobelpreis erhalten habe.
Dem verbreiteten Unbehagen über die zuvor genannten mehr oder weniger globalen politischen Missstände stellte Wetzler den Wert der Gemeinschaft auf regionaler Ebene gegenüber, wofür eben auch die Urspringschule stehe.
Nachdem Schulchor und Gemeinde zusammen „Macht hoch die Tür, das Tor macht weit“ intoniert und die Grundschüler ihr Theaterstück präsentiert hatten, trugen Schüler und Lehrer Fürbitten und Gebete vor: für Frieden auf Erden für alle Menschen, für die Opfer von Ausbeutung und Krieg – wie auch für die Täter.
Den Höhepunkt des Gottesdienstes bildete die Weihnachtsgeschichte nach Lukas in Wort und Ton, komponiert von Musiklehrer und Kantor Achill Stein und gesungen vom Chor der Urspringschule, wobei Franziska Koch als Solistin mit glockenklarer Stimme hervorstach.
Ergänzt wurde der Choral mit einer Halleluja-Vertonung („Halleluja, Jesus ist geboren“), ebenfalls von Achill Stein komponiert und vorgetragen vom Chor der Urspringschule.
Nach dem abschließenden Segen überreichte Schulleiter Wetzler allen süße kleine Geschenke und Wirtschaftsleiter Hans-Martin Meth lud zum traditionellen Entenessen mit Glühweinausschank in die Schulmensa.
Fotos: B. Hüttenrauch, A. Bahar