Thomas Palm ist seit Oktober 2013 Vorsitzender des Stiftungsrates der Urspringschule. Der Urspringblog sprach mit dem Alturspringer über seine Aufgaben und Visionen für Schule und Internat.
Lieber Herr Palm, dürfen wir zunächst einige Informationen zur Ihrer Person erfragen?
Sehr gerne; mein Name ist ja bereits gefallen, ich wohne und arbeite in Ulm, bin verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kindern. Von Haus aus bin ich gelernter Bankkaufmann und habe jahrelang in verantwortlicher Position bei Banken in Ulm und Berlin gearbeitet. Heute betreibe ich eine eigene Consultingfirma. Mit Urspring verbindet mich unter anderem meine eigene biografische Erfahrung, ich war von 1963-66 Urspringschüler.
Welche Erinnerungen haben Sie denn an Ihre Zeit in Urspring?
Sehr gute. Urspring war schon damals eine ganz besondere Schule, und ich erinnere mich noch an viele prägende Begebenheiten aus meiner Zeit in Urspring. Beispielsweise erinnere ich mich noch genau an verschiedene Frondienste bei Fehlverhalten, wie etwa das stupide Schälen von Kartoffeln, wenn neben einem eine Maschine dafür stand. Aber bei solchen Tätigkeiten kann man seine Gedanken ordnen! Rückblickend hat mir Urspring ein unschätzbares Rüstzeug für mein Leben vermittelt, und es macht mir Freude, dieser Schule durch meine heutige Tätigkeit etwas zurückzugeben.
Sie stehen dem Stiftungsrat der Urspringschule vor. Ein Großteil unserer Leserinnen und Leser weiß nur wenig über die Funktion und die Kompetenzen dieses Gremiums. Könnten Sie uns darüber aufklären, was der Stiftungsrat eigentlich ist?
Ich zitiere aus der Präambel der „Satzung der Stiftung Urspringschule“:
„Die Stiftung Urspringschule ist von Bernhard Hell durch Urkunde vom 2. April 1930 als freie Schule errichtet worden. Gemäß den Zielen ihrer Gründer Dr. Bernhard Hell und Fritz Ehrecke steht die Urspringschule in der Tradition der deutschen Landeserziehungsheime und der Reformpädagogik. Sie übernimmt die Verpflichtung, ihren Erziehungsauftrag als Einheit von Leben, Lernen und Lehren im gemeinsamen Leben. Lernen und Lehren im gemeinsamen Leben zu verwirklichen und dabei Fachwissen, Mitmenschlichkeit und gestalterische Kräfte gleichermaßen zu fördern.“
Als ich zum Stiftungsrat kam, war das Gremium intern eher unbekannt, die Sitzungen waren abgekoppelt vom Schulbetrieb, und die Mitglieder waren eher graue Eminenzen, die hinter verschlossenen Türen „heilige Handlungen“ vollzogen haben. Dem stand ich von Beginn an skeptisch gegenüber. Von dieser Wahrnehmung ausgehend, bewegte sich mein Anliegen stets in die Richtung, den Stiftungsrat näher an die Schule zu bringen, für Transparenz zu sorgen und auch persönlich präsent zu sein.
Grundsätzlich hat die Urspringschule große Gestaltungsspielräume; das ist darin begründet, dass sich die Stiftung selbst gehört und das Vermögen vornehmlich aus den Liegenschaften beruht, welche durch Bernhard Hell 1929 erworben wurden.
Was genau sind die Aufgaben des Stiftungsrates?
Ich zitiere weiter aus der Stiftungssatzung:
- Der Stiftungsrat nimmt die Interessen der Stiftung im Sinne des Stiftungszweckes wahr und überwacht die Gesamtverwaltung der Stiftung und Ihrer Einrichtungen.
- Zu den besonderen Aufgaben des Stiftungsrates gehört es,
- den Vorstand zu berufen und zu entlassen;
- grundsätzliche Richtlinien für die Arbeit der Stiftung nach Anhörung des Vorstandes aufzustellen;
- dem Vorstand und der Wirtschaftsführung für die abgeschlossene Jahresrechnung Entlastung zu erteilen.
Exekutivorgan und Vorstand der Stiftung ist Dr. Rainer Wetzler. Daneben hat der Stiftungsrat eher strategische Bedeutung, das heißt, er befindet über Entwicklungen und stellt die Ausrichtung auf, innerhalb derer sich die Schule bewegen soll und kann. Der Vorstand hingegen hat die volle operative Verantwortung; hierbei wird sich der Stiftungsrat grundsätzlich nicht einmischen.
Wie kommt man in den Stiftungsrat? Wer sitzt aktuell im Stiftungsrat? Und wie wurden sie selbst Mitglied in diesem Gremium?
Um Mitglied des Stiftungsrats zu werden, kann man sich nicht bewerben, man wird, das persönliche Einverständnis vorausgesetzt, in diesen berufen. Zu den aktuellen Mitgliedern verweise ich auf die Internet-Seite der Schule (https://www.urspringschule.de/de/urspringschule/stiften-und-foerdern/). Bei mir war es so, dass ich mich bereits vor Jahren beim Basketball-Beirat engagiert hatte, was mir im Verein mit Ralph Junge ausgesprochen Freude bereitete. 2011/2012 befand sich die Schule in einer wirtschaftlich prekären Situation. Der damalige Stiftungsratsvorsitzende Pfarrer Michael Deckwerth bat mich, meine finanzwirtschaftliche Erfahrung auch in den Stiftungsrat einzubringen. Im Oktober 2013 schenkte mir der Stiftungsrat sein Vertrauen und ich löste Herrn Deckwerth im Amt des Stiftungsratsvorsitzenden ab.
In welchem Verhältnis standen Sie zur früheren Schulleiterin und Vorstand, Ingrid Sund?
Ich habe Frau Sund als aufgeschlossene Gesprächspartnerin kennengelernt, wir hatten jedoch deutlich andere Vorstellungen von der Ausrichtung der Schule. Sie hatte die Vision, aus Urspring eine Eliteschule zu machen, mit klaren Vorstellungen, wie die Schüler die Schule verlassen. Das Leben hat mich gelehrt, dass Elite nicht einfach machbar ist. Elite hat vielfältige Ausprägungen, definiert sich aus dem jeweiligen sozialen Umfeld und steht in der Regel am Ende eines tatkräftigen, erfüllten Leben.
Zwei Dinge würden wir gerne noch ansprechen, Ihre Einschätzung der aktuellen Lage Ursprings sowie Ihre Visionen für die Schule.
Lassen Sie mich mit meiner Vision beginnen. Hier bin ich ganz bescheiden: Das Urspring der Zukunft ist für mich eine kleine, wirtschaftlich solide Schule, die ihren Platz in der Bildungslandschaft hat und als eigenständige Privatschule ihre vielfältigen Möglichkeiten ausschöpft. So wird sie ihren guten Namen behalten können. Auch sollten Gelegenheiten beim Schopf ergriffen werden und Spontaneität zugelassen werden. Dem steht nicht entgegen, Aufgaben klar zu verteilen, Verantwortlichkeiten zu definieren und bestehende Strukturen hinsichtlich Ihrer Wirksamkeit immer wieder in Frage zu stellen. Klare Strukturen und Verantwortlichkeiten schaffen erst Handlungsspielräume zur Entfaltung von Kreativität.
Ebenso wichtig ist uns, auf mehreren Ebenen den ständigen Dialog mit dem Umland und der Gesellschaft zu pflegen. Urspring im Spiegel der Gesellschaft zu reflektieren. Das Leben unter einer Käseglocke ist nicht erstrebenswert! Dr. Wetzler und mir sind in diesem Zusammenhang die Urspringer Kulturtage als Plattform für das Zusammentreffen von Urspringern und an Urspring Interessierte ein wichtiges Anliegen. Was hierzu in den vergangenen Jahren vernachlässigt wurde, war die Alumni-Arbeit, der Dialog und die Auseinandersetzung mit den Freunden der Urspringschule. Das sich nun im Aufbau befindliche Alumni-Netzwerk wird einen wertvollen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit Ursprings leisten.
Wenn ich diese Vorstellungen auf die aktuelle Situation übertrage, sehe ich uns auf einem sehr guten Weg. Wir haben steigende Schülerzahlen, zahlenmäßiger Ausdruck einer guten Arbeit aller Beteiligten. Hierbei sollten wir nicht alleine in Schülerzahlen denken, denn eine Schule lebt auch von ihrer Stimmung. Und die erhält sie ganz wesentlich durch die in ihr tätigen Menschen, die gelebte Gemeinschaft sowie das daraus erwachsende Menschenbild, das den Jungen und Mädchen vorgelebt wird, und nicht zuletzt die Qualität des Unterrichts, die insgesamt die Schüler auf ein gelingendes Leben entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten vorbereitet. Auch soll die Außendarstellung der Schule das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Hier sehe ich gerade und auch den Urspringblog, er weckt die Neugier auf mehr.
Welches Motto würden Sie unseren Leserinnen und Lesern abschließend mit auf den Weg geben?
Wenn sie eine gute Idee haben, dann dürfen sie nicht danach fragen, wie die Idee Resonanz findet, sondern sie sollten für sie kämpfen und maßgeblich zu Ihrer Umsetzung beitragen.