Rainer Wetzler vorübergehend festgesetzt
Ganz Deutschland ist im Fasnachts-, Fasnets- bzw. Karnevalsfieber, doch ein kleines ehemaliges Kloster am Fuße der Schwäbischen Alb – auch bekannt als Urspringschule – leistet dem bunten Treiben erbitterten Widerstand! In den Dörfern und Städten rundherum steppt zur Fasnachtszeit regelmäßig der Bär, während Urspring wie vergessen im Frühjahrsnebel daliegt und die Schülerinnen und Schüler mit so etwas Profanem wie Unterrichtsinhalten quält.
So begab es sich, dass kreative Köpfe heimlich und im Verborgenen an so etwas wie einer närrischen Revolution in Urspring arbeiteten. Unter dem Vorwand eines kurzfristig anberaumten Aufnahmegesprächs wurde sichergestellt, dass sich Schulleiter Rainer Wetzler zum gewünschten Zeitpunkt in seinem Büro befand und möglichst keinen Verdacht schöpfte.
Die Konspiritisten sicherten sich die Unterstützung der Klassenstufe 10 und der Schülerinnen und Schüler des Kompetenzjahres und bliesen zum närrischen Sturm auf das Schulleiterbüro.
Die begeisterte Truppe begab sich – teils maskiert und angeführt von Lockvogel „Helene“ – ins Hellhaus und überaschte Schulleiter Rainer Wetzler sowie den zum fingierten Aufnahmegespäch ebenfalls anwesenden Internatsleiter Daniel Leichtner im Schulleiterbüro, wo sich erst einmal ein Konfettiregen über die Anwesenden ergoss.
Im Anschluss nahm Officer „Mad Max“ Dr. Wetzler in Gewahrsam und Staatsanwalt „W. Elte“ verlas die Anklageschrift:
Dr. Rainer Wetzler,
Sie werden beschuldigt, seit der Amtsübernahme von Ihrer Vorgängerin zahlreiche Verbrechen begangen zu haben! Leugnen Sie dies?
Tun Sie nicht so scheinheilig! Lassen Sie etwa keine Kinder mit Mathematik foltern? Und sind nicht auch Sie derjenige, der Sirenen zur Wiederherstellung von Zucht und Ordnung unter den Urspringer Lehrkräften verbirgt?
Beides ist schon schlimm genug, doch sind wir damit noch lange nicht am Ende.
Sie werden des Weiteren bezichtigt, geheime Symbole zur Verschleierung geheimer Botschaften zu nutzen, die im Kontext Ihrer Missionierung zum „Star Trek“-Vulkanismus stehen!
Ein klarer Widerspruch zum von Ihnen offiziell propagierten evangelischen Glauben!
Zu diesem Zwecke – so wurde uns aus gut unterrichteten Quellen zugetragen – treffen Sie sich in geheimen Zirkeln; dem sogenannten Leiterkreis, oder auch dem SLT – einer dubiosen Institution, die sich hinter dem Schutz eines Akronyms verbrigt.
Doch es kommt noch schlimmer!
Es häufen sich zudem Anzeichen, dass Sie die Zerstörung des vorhandenen historischen Gebäudeensembles planen … die Alte Schule, der letzte Rest bäuerlicher Architektur in Urspring, ist Ihnen doch schon lange ein Dorn im Auge!
Doch auch dies‘ Vorhaben lässt sich in seinem Schweregrad noch toppen: So wurden Sie vermehrt dabei beobachtet, Schülerinnen auf der U-Straße hinterherzugucken … ohne diese auf ihr Zuspätkommen zum Unterricht hinzuweisen!
Doch ist auch hier der Gipfel Ihrer verbrecherischen Laufbahn noch nicht erreicht. Ihr kongeniales Meisterstück bleibt Ihren Schutzbefohlenen zumeist verborgen:
Sie wollen immer nur deren Bestes – ihr Geld!
Aus diesen Gründen sehen wir es als unsere Pflicht an, Sie an Ihrem verbrecherischen Tun zu hindern und Ihre offizielle Amtseinführung zu verhindern!
Sie stehen hiermit unter Arrest und werden zur weiteren Behandlung in Sicherungsverwahrung genommen und in die Mensa verbracht.
Sodann wurde der Gefangene abgeführt und auf seinem Weg in Richtung Mensa vom begleitenden Volke erneut mit Konfetti bedacht.
In der Mensa angekommen, wurde Schulleiter Wetzler an einer Säule fixiert und vor die Wahl gestellt: Entweder übergibt er die Macht an die Schülerinnen und Schüler oder er wird seiner Amtseinführung am Folgetag nicht beiwohnen können.
Sie können Ihrer Bestrafung noch entgehen … überlassen Sie uns bis zu Ihrer ordentlichen Inthronisation die Insignien der Macht!
Derart in die Enge getrieben, übergab Dr. Wetzler die Insignien der Macht – einen roten Korrekturstift, seinen Schlüsselbund und einen Apfel – an die versammelten Schülerinnen und Schüler.
Um seine endgültige Freilassung zu erreichen, hielt Dr. Wetzler eine engagierte Verteidigungsrede, allerdings konnte er die Schülerinnen und Schüler damit nicht überzeugen. Erst sein Versprechen, den Unterricht am Folgetag bereits nach der zweiten Stunde enden zu lassen und mit einer darauf folgenden kompletten Woche Unterrichtsfrei zu garnieren, brachte die Entschlossenheit der Schülerinnen und Schüler ins Wanken. Als Zuckerle oben drauf versprach Dr. Wetzler allen Anwesenden einen Krapfen (Berliner), welchen diese genüsslich vertilgten.
Und somit konnte die Amtseinführung von Dr. Rainer Wetzler als Vorstand und Schulleiter der Urspringschule am Freitag doch noch stattfinden.
Nachfolgend ein paar Eindrücke der Aktion (Fotos: Martin Witzel & Birgit Göhring):