Ein jahrzehntealtes Ritual steht auf der Kippe!
Ein Vorstoß der vergangenen Pädagogischen Konferenz sorgte in der vergangenen Woche in Urspring für kontroversen Gesprächsstoff: Soll das zweite Mittagessen für die Klassen 10-12 in dessen festen Essensritualen derart gelockert werden, dass die Möglichkeit, den Tisch nach Belieben zu verlassen, eingeräumt wird? Ist dies der Anfang vom Ende der Urspringer Tischkultur? Ich befürchte, dass hierbei das gemeinschaftsprägende Mittagessen, für das wir von unseren Gästen, z.B. von Comenius, häufig Anerkennung erfahren, an Bedeutung verlieren wird!
In unserer heutigen Gesellschaft verliert das gemeinsame Essen immer mehr an Bedeutung, warum soll Urspring diesem Beispiel folgen? Worin liegen die Vorteile für den einzelnen Esser, wofür würde er diese zusätzlichen Minuten nutzen? Drückt man sich nur vor dem ungeliebten Putzeimer? Auch befürchte ich, dass nach wenigen Minuten, in denen das Essen hastig verschlungen wurde, das unangenehme Gefühl entsteht, man würde in einer Bahnhofskneipe sitzen. Die „Slow Food“-Bewegung zelebriert diese langsame Art des Essens seit Mitte der 1980er Jahre, um dadurch dem Essen einen gewissen Wert zu verleihen. Auch aus gesundheitlicher Sicht hat „Slow Food“‚ einen Vorteil: durch das gründliche Kauen wird der Speisebrei mit viel Speichel versetzt in den Magen gegeben. Dies erleichtert ihm die Arbeit und beugt Verdauungsbeschwerden vor.
Ich würde es begrüßen, wenn sich sämtliche Beteiligte überlegen, inwieweit eine Neuregelung Sinn ergibt. Auch einen Kompromiss halte ich nicht für unrealistisch: Der Hauptgang ist komplett Pflicht, wer keinen Nachtisch wünscht, darf gehen.
…in verschiedenen Bereichen in Urspring wird gerade ein Aktionismus betrieben, der kritisch zu betrachten ist.
„alte Werte“ bedeuten nicht unbedingt Konservatismus.
Die Lockerung von gemeinsamen Dingen, speziell einer Mahlzeit führt zu noch wemiger Kommunikation vor Allem zwischen Personen, die sonst weniger miteinander zu tun haben…
Ursprings Leitsatz war mal „Das Leben lernen“ Das geht nur zusammen !
Lieber Michael,
was das gemeinsame Essen angeht stimme ich dir völlig zu, gerade heute ist es wichtiger denn je, dass unsere Schüler die Regeln des gemeinsamen Essens lernen und schätzen lernen. In vielen Familien fällt dies Tradition nachgerade unter den Tisch und die Kids sind dann im normalen Leben nicht in der Lage sich entsprechend zu benehmen, was durchaus auch negative Folgen haben kann.
Als zusätzlichen Bonus sehe ich ebenso die Möglichkeit zur Kommunikation mit Schülern, mit denen ich sonst nicht so viel zu tun habe.
Natürlich findet bei den gemeinsamen Mahlzeiten auch ein Erziehungsprozess statt – manchmal auch bitter nötig – und das ist auch unsere Aufgabe in Urspring.
… und ansonsten , lieber Michael, betreiben wir keinen Aktionismus, wir gucken bloß gerade unter jeden Stein und viele davon werden auch wieder in gleicher Lage zurück gelegt!
LG Inge